Obwohl ein öffentlicher Bus preiswerter gewesen wäre, haben wir uns diesmal für einen Shuttle entschieden. Nicht, weil wir nicht wissen, wohin mit unserem Geld – das ist hier in Costa Rica sowieso schon teuer genug – sondern weil bei diesem Shuttle ein kleines Highlight inkludiert ist. Denn im Preis ist eine Bootsfahrt über den Arenalsee mit Blick auf den gleichnamigen Vulkan enthalten. Nach einer äußerst beeindruckenden Anreise erreichen wir schließlich unser gebuchtes Airbnb. Wir stellen fest, dass es hier wieder ruhiger wird. Es handelt sich um eine etwas abgelegene Wohnung, in der niemand anwesend ist. Das ist schon eine ziemliche Veränderung für uns.
Gemeinsam mit der Bekannten aus dem letzten Hostel, die mit uns weitergereist ist, treffen wir uns etwas später und machen uns auf den Weg zu den Wasserfällen. Nach einem erfolglosen Versuch, per Uber dorthin zu gelangen, entscheiden wir uns schließlich für ein Taxi. Als wir ankommen, führen uns 530 Stufen hinunter in das angelegte Gelände. Dass uns dieser kurze Weg derart belohnen würde, hätten wir niemals erwartet. Wir haben schon den ein oder anderen Wasserfall gesehen, doch der La Fortuna Waterfall hat uns wirklich umgehauen. Die herabstürzenden Wassermassen und das ohrenbetäubende Rauschen sind schlichtweg beeindruckend. Da hat das Bier anschließend gleich noch besser geschmeckt.
Als der Ort immer leerer wurde, machten auch wir uns auf den Rückweg. Oben angekommen, stellten wir uns erneut die Frage, wie wir wohl weiterkommen sollten. Nachdem wir den Parkplatz beobachtet hatten und nur noch sechs Autos übrig waren, hatte ich den Mut, einen Alleinreisenden in unserem Alter anzusprechen, ob er uns mitnehmen könnte. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass dieser Deutsche ebenfalls zu den kostenlosen Hotsprings fahren wollte. Perfekt! Genau dort wollten wir auch hin. Nun saßen wir also zu viert in dem vom Vulkan erwärmten Bach. Während wir über Reisen, unsere Heimatländer und unser Glück, hier sein zu dürfen, plauderten, wurde es langsam dunkel. Als wir schließlich wieder in unserer Unterkunft ankamen, wurde uns bewusst, dass wir nicht alleine waren. Zwei gleichaltrige Weltreisende gesellten sich zu uns an diesem Abend und sorgten für angenehme Gesellschaft.
Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns fast ein wenig wehmütig von den beiden, da sie weiterziehen würden, während wir uns auf den Weg ins nächste Abenteuer machten. Diesmal nahmen wir wieder ein Taxi zu zweit zum Eingang des Arenal-Nationalparks. Was wir erwartet hatten: überfüllte Aussichtspunkte, ausgetretene Pfade und Cafés an jeder Ecke. Doch als wir aus dem Taxi stiegen und über den fast leeren Parkplatz zum Eingang gingen, wurde uns sofort klar, dass es anders kommen würde als erwartet. Auf dem ersten Wanderwegabschnitt begegnete uns niemand, die Vegetation war dicht und überall raschelte es. Als wir diesen Abschnitt hinter uns gelassen hatten, waren wir ehrlich gesagt erleichtert. Wir freuten uns auch, als uns zwei kleine Gruppen von Leuten entgegenkamen. Etwa nach 45 Minuten erreichten wir den ersten Aussichtspunkt. Mit einer gewissen Routine genossen wir die ungewöhnlich klare Sicht auf den Arenal-Vulkan.
Nachdem wir die Aussicht ausgiebig genossen hatten, setzten wir unsere Wanderung auf den Wegen durch den Dschungel fort. Immer wieder waren wir beeindruckt von den wilden, verschlungenen Pflanzen und Bäumen, während unsere Gefühle zwischen Staunen und Unsicherheit wechselten. Eidechsen huschten umher, Vögel glitten schwerelos am Horizont entlang und sogar Nasenbären zeigten sich hin und wieder. Selbst der Schreck einer Begegnung mit einer giftgrünen Schlange legte sich relativ schnell wieder.
Plötzlich standen wir vor einem über 30 Meter hohen Baum, der angeblich über 400 Jahre alt sein sollte. Uns verschlug es den Atem. So einen großen und beeindruckenden Baum haben wir noch nie gesehen. Es mag vielleicht seltsam klingen, wie man so fasziniert von einem Baum sein kann, aber es war wirklich erstaunlich. Mitten im Dschungel, wo es von Bäumen nur so wimmelt, einen Baum zu finden, der so herausragt wie dieser… seine Größe und das vielfältige Leben, das auf ihm existiert, waren einfach unbeschreiblich.
Auch hier hatten wir das Glück, nach ein paar mutigen Fragen von anderen Reisenden mit zurück in die Stadt zu kommen. Beim Abendessen mussten wir wieder Abschied nehmen, da unsere Reisebegleitung vom vorherigen Ort nun ebenfalls weiterzog.
Am nächsten Tag brachen wir nach unserem Standardfrühstück, bestehend aus Müsli und Obst, zu einer Wanderung auf. Die Wanderung führte uns an einer Straße entlang zu einer Badestelle im Fluss und dann weiter auf einem Kiesweg. Durchnässt von Schweiß, da es in der Sonne unglaublich heiß war, erreichten wir schließlich unser Ziel.
Die Frage, ob wir uns als Belohnung einen leckeren kalten Fruchtsaft gönnen sollen, wurde schnell beantwortet. Nein! Wir waren mal wieder super klug und hatten unseren Geldbeutel vergessen. Das bedeutete auch, dass die Möglichkeit, den Rückweg mit dem Bus abzukürzen, hinfällig war. Als wir nach 15 Kilometern zurück in der Wohnung waren, gingen wir erst einmal unter eine kalte Dusche. Die Belohnung wurde nur aufgeschoben. In der Stadt gab es dann den besten Cappuccino der ganzen Reise (und vielleicht viel zu viel Kuchen).
Am nächsten Tag setzen wir unsere Reise mit dem Bus in Richtung Hauptstadt fort und fahren noch ein Stück weiter bis nach Alajuela. Während andere in Alajuela vielleicht nur ankommen oder die Zeit bis zur Heimreise überbrücken, haben wir uns bewusst dafür entschieden, eine Nacht hier zu bleiben. Am nächsten Morgen klingelt ausnahmsweise der Wecker. Heute steht der Besuch des größten teilaktiven Vulkankraters in Costa Rica auf dem Plan – der Poás! Auch hier haben wir das Glück, bei unglaublich klarer Sicht und ohne viele Menschen anzukommen.
Nach abwandern eines Pfads gelangen wir zurück über eine türkisblaue Lagune zu dem Café am Ausgangspunkt.
Da wir keine Eile haben, entscheiden wir uns, nach einer Tasse Kaffee noch einmal zum Vulkan zu gehen. Wir möchten den Poás nach der großartigen Sicht bei klarem Wetter auch im nebligen „normalen Zustand“ erleben. Und siehe da, unsere Glückssträhne hält an. Nach etwas Geduld zieht tatsächlich der Nebel auf. Sehr zufrieden machen wir uns auf den Rückweg. Kaum fünf Minuten später werden wir wieder von einem jungen Paar aufgelesen, das uns zurück in die Stadt mitnimmt. Diesmal haben wir nicht einmal gefragt – das Glück ist wirklich auf unserer Seite.
Zurück im Hotel lassen wir den Tag mit einem Essen im mexikanischen Restaurant ausklingen und packen unsere Sachen, um am nächsten Tag wieder in Richtung Meer aufzubrechen.